Zu Beginn 2019 nannten viele KI das Thema des Jahres. In den Köpfen und in der Strategie der Finanzdienstleister ist das Thema zwar angekommen, allerdings sind die Probleme in den operativen Verantwortungsbereichen sind die Probleme jedoch ganz andere.
Hier dominierten im Investment-Bereich die Themen MIFID2, Digitalisierung und Automatisierung von Beratung und Vermögensverwaltung (Stichwort Hybrid Robo Advice), und zunehmend Open Banking die Roadmaps der Finanzdienstleister.
Was 2019 besser geworden ist, sind die bankinternen Schnittstellen. Hier stoßen wir als Softwareanbieter zunehmend auf modernere Schnittstellen zu Kernbanken-, Portfoliomanagement- oder CRM-Systemen.
Dadurch verkürzen sich die Umsetzungszyklen innovativer Lösungen. Auch in der UX hat sich bei vielen Banken einiges getan.
Dass die Zeit für Banken drängt, zeigen N26, Revolut und Co., alle samt B2C-Startups mit beeindruckenden, internationalen Wachstumszahlen.
Die Neobanken haben gezeigt, dass im Banking internationales Wachstum mit geringen Kundenakquisitionskosten möglich ist. Das schien lange unmöglich. Aber neben diesen Banken, möchte ich auch Finanzguru hervorheben.
In einem Jahr, in dem PSD2 die Bewegung des Open Bankings in Deutschland mehr ent- als beschleunigte, sprechen über 500.000 Nutzer der Finanzguru App eine klare Sprache: Kunden wollen Open Banking! Dieses Interesse nimmt sicher weiter zu, wenn intelligente Vorschläge den Mehrwert erhöhen, Konto und Depot zu verknüpfen. Da bin ich sehr gespannt auf 2020.
Beeindruckt hat mich auch ein Startup außerhalb des Fintech Bereichs: Celonis hat mit Process Mining gezeigt, dass es möglich ist mit Daten, Intelligenz und einer einfachen UX einen potentiellen Weltmarktführer im Softwarebereich aus Deutschland zu bauen.
Die klassischen großen Themen wie: Blockchain, AI, Virtual Reality, Voice, die von den meisten Analysten aufgezählt werden, sehe ich auch 2020 eher noch im Lab-Status als vor dem wirklichen großen Durchbruch im Kerngeschäft. Vielmehr glaube ich, dass drei „Buzzwords“ der letzten drei Jahre den Unterschied in 2020 machen werden:
1. Open Banking wird verknüpft mit wertvollen Einblicken und in der Bedeutung für den Kunden und die Bank (und ihre Steuerung) zunehmen. Zudem wird Open Banking zunehmend ein Startpunkt für Beratungsprozesse.
2. Customer Intelligence in Kernprozessen – In Form einfacher Regeln und Lernverfahren werden Banken erste Tests fahren, um kundenindividuelle Empfehlungen oder Vertriebsimpulse zu generieren.
Während die ganze Welt bereits A/B-Testing im Online-Dialog einsetzt, freue ich mich auf die erste Bank, die ihren Beratungs- oder Vermögensverwaltungsprozess mit A/B-Testing optimiert. Diese Art von Regeln und Optimierung ist die Basis, bevor man anfangen sollte, große AI Projekte aufzusetzen.
3. Automatisierung: Die Systeme, die in Vermögensverwaltungs- und Beratungsprozessen eingesetzt werden, werden zunehmend verzahnter und damit automatisierbarer. Während dies unspektakulär klingt, werden diese 3 Trends die Zukunft der Bank enorm prägen. Auf dem Weg in eine Zero-Marginal-Cost-Society, werden die Margen in der Industrie weiter sinken.
Ohne verbesserte Dienstleistungen und eine höhere Effizienz durch automatisierte und intelligente Prozesse, wird es für jede Bank schwerer den Weg in die Zukunft erfolgreich zu bestreiten.
Endkunden können sich vor allem auf Dienste freuen, die mehr auf die persönlichen Ziele zugeschnitten sind. Bankprodukte werden also intelligenter und persönlicher.
2020 erwarte ich z.B. die ersten Banken, die eine digitale, individuell zugeschnittene Investmentberatung für Endkunden auf Open-Banking-Daten bieten.
Das bedeutet, dass mein Finanzdienstleister mir nach Blick auf mein Konto sagen kann, wann ich in Rente gehen könnte oder ob mein bestehendes Depot einen zu mir passenden Rendite-Risiko-Mix hat oder meine Anlagen zu hohe Kosten haben.
Der aktuelle Ansatz „Investmentangebot von der Stange“ ist in einer digitalen Zeit nicht mehr Zeitgemäß. Im Investment-Bereich wird zudem der Zugang zu alternativen Investmentformen einfacher. Zum Beispiel durch Privatkreditplattformen wie mintos, Private-Equity-Plattformen wie moonfare oder bei der Alternative Invesmtent-Plattform ianua, an der wir mit Fincite Ventures beteiligt sind.
Als Unternehmer freue ich mich darauf, wenn endlich auch Geschäftskunden eine vernünftige UX bekommen. Ich verstehe bis heute nicht, warum mir Banken nicht viel mehr ergänzende Einblicke zu meinen Finanzdaten bieten. Darüber hinaus glaube ich daran, dass Fintech-Services in 2020 auch zunehmend Geschäftskunden und institutionelle Anleger erreichen werden. Gerade im institutionellen Bereich gibt es zudem viele Prozesse, bei denen es um riesige Summen geht, die aber allerdings noch von der Digitalisierung „verschont geblieben sind“.